150 Jahre Elzer Bahnhof – Aufbruch ins Industriezeitalter

Geschichte des Elzer Bahnhofes und des Ausbaus der Strecke Limburg-Hadamar

Von Josef Schmitt

Elz.- Bereits in den Jahren 1845-1847 gab es von der nassauischen Regierung in Wiesbaden Überlegungen neben der bereits fest geplanten Lahntalbahn die großen Handelsstädte Köln und Frankfurt durch eine eigens über den Westerwald führende Bahnstrecke zu verbinden. Der österreichisch-preußische Krieg 1866 beendete diese Pläne. Das auf Seiten Österreichs stehende Großherzogtum Nassau verlor seine Souveränität.

Danach gab es aber weiterhin Petitionen und Anträge, und hier insbesondere von der Stadt Diez an den preußischen Landtag die dieses Projekt forcierten. Der Landtag gab dem Drängen nach.  Am 17. Februar 1868 verabschiedete er ein Gesetz, das außer dem Bau einer „Stichbahn“ von Diez nach Hahnstätten nun auch eine „Stichbahn“ von Limburg nach Hadamar vorsah. Hierzu wurden
380 000 Reichsthaler für die Westerwaldstrecke in den Haushalt eingestellt. Insbesondere der Hinweis auf eine Weiterführung  bis Westerburg  die „wegen der dortigen Braunkohlevorkommen zur Beheizung der Lokomotiven von Bedeutung“ sei.

Mit der Ausführung der Planungen und dem entsprechenden Ankauf von Grund und Boden wurde der erfahrene Limburger Eisenbahnpionier, Baurat Moritz Hilf, beauftragt. Die Linie wurde abgesteckt und vermessen. Die gesamten Bauarbeiten wurden in knapp zwei Jahren einschließlich der Bahnhofsneubauten Staffel, Elz und Hadamar vollendet.
Die eingleisige Bahnstrecke führte zunächst vom Limburger Bahnhof über die Diezer Straße vorbei am alten Gymnasium den Schafsberg entlang. Danach überquerte die neue Strecke die jetzige Ste.-Foy-Straße. Entlang an der damaligen Limburger Gasanstalt ging es dann über die Lahnbrücke nach Staffel und weiter nach Elz und Hadamar. Hiermit endeten auch die Postkutschenfahrten von Hadamar nach Limburg.


 

Das Aussehen der Züge in der Anfangszeit des Bahnverkehrs nach Elz - Hadamar ist leider nicht bekannt.
Das Bild einer typischen Dampflokomotive aus den 1880er Jahren, die für Stichbahnen, eingesetzt wurde, vermittelt jedoch einen Eindruck, wie der Zug ausgesehen haben könnte.
Quelle: 1.Kolínská lokomotivní s.r.o., Pražská 325, 280 24 Kolín, Tschechische Republik


Am Neujahrstag 1870 wurde das erste Teilstück der Oberwesterwaldbahn eröffnet. Die Dampfeisenbahn fuhr, mit Tannengrün festlich geschmückt, von Limburg, Staffel, Elz zur Endstation nach Hadamar. An den jeweiligen Bahnhöfen wurde die Eisenbahn von der Bevölkerung stürmisch begrüßt. Im gleichen Jahr brach der deutsch-französische Krieg aus wodurch alle weiteren Eisenbahnvorhaben ruhten. Mit einem weiteren Erlass vom 2. März 1881 wurde die Strecke nach Westerburg und später nach Altenkirchen fertiggestellt.  

Mit dieser Maßnahme ging auch eine dynamische Entwicklung im heimischen Raum einher. Viele Elzer die sich bislang als arme Tagelöhner verdingen mussten, hatten nun die Möglichkeit, sich ein bescheidenes Einkommen zu sichern. Die neue Eisenbahngesellschaft war für viele Elzer ein sicherer Arbeitgeber. Neben den bereits vorhandenen zahlreichen Eisenerzgruben im Elzer Wald sowie den Ziegeleien und Kalkwerken kamen durch die Ansiedlung der Carlshütte und der Steingutfabrik in Staffel für Elz neue, wichtige Arbeitgeber auf den Plan. Ergänzt wurde dies mit der Neuansiedlung der Silika-Werke und einer Kammfabrik, die eine direkte Verlademöglichkeit für ihren Versand auf dem Elzer Güterplatz nutzen konnten. Auch ein neuer Geschäftszweig tat sich auf. Die Familie Adolf Baum unterhielt an den Abstellgleisen am Güterplatz eine Güterwaage um den Warentransport bei Ein- und Ausladungen zu kontrollieren.


 

Das nebenstehende Bild wurde bei einer der regelmäßig stattfindenden Museumsfahrten in den 1990er Jahren aufgenommen.
Es zeigt den Zustand des Elzer Bahnhofs vor der Renovierung. Hinter der Dampflok erkennt man den Güterschuppen im alten Zustand.
Die Gleise rechts unten im Bild gehörten zum alten Güterplatz und waren stillgelegt, aber noch nicht zurückgebaut. Heute führt nur ein Gleis ohne Weiche am Elzer Bahnhof entlang.


Großer Bahnhof für Schwester Katharina Kasper

Der 9. Mai 1893 war für viele Elzer ein bedeutender Tag. Fast das ganze Dorf war auf den Beinen, als die ersten Dernbacher  Schwestern mit ihrer Stifterin Katharina Kasper am Elzer Bahnhof eintrafen. Auf dem Bahnhof gab es ein regelrechtes Gedränge von Menschenmassen als die Ordensschwestern eintrafen. Ihr segensreiches Wirken in der Armen- und Krankenpflege ist vielen Elzern noch in guter Erinnerung. Mit der Errichtung eines Hospitals und Kindergartens in Elz - in der industrialisierten Welt des 19. Jahrhunderts - bewirkten sie bei steigenden Bevölkerungszahlen unendlich viel Gutes.

Eisenbahntransport  mit V-2 Raketen unter Beschuss

Eine sehr aufschlussreiche Begebenheit ist aus den umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen des Elzer Heimatforschers  Anton Sommer (1873-1948) zu entnehmen: “ Am 11. Februar 1945 gab es in der Nähe des Bahnhofs Richtung Hadamar zwei Tieffliegerangriffe auf zwei Eisenbahnzüge die V2 Raketenwaffen transportierten. Beide Loks wurden leicht beschädigt und konnten die Fahrt fortsetzten.“ Der Hintergrund dieses Transportes hing mit der Verlagerung der "V“ Waffen von Peenemünde zusammen. Als die Bekämpfung durch amerikanische Tiefflieger immer bedrängender wurde, konstruierte man Eisenbahnwagons mit fahrbaren Abschussrampen. Zu dieser Zeit wurden hier V2 Raketen nach Erbach im Westerwald  transportiert und dort gut getarnt versteckt.

Direktverbindung Elz-Rom

Ein besonderes Erlebnis zum 100. Jahrestag des Elzer Bahnhofs war im Jahre 1970 der Einsatz eines Sonderzuges von Elz nach Rom. Für heutige Verhältnisse ein kaum vorstellbares Ereignis, das dem MGV Frohsinn 1970 und der MGV Germania 1972 gelang. Mit jeweils über 300 Reisenden und den vielen Angehörigen die ihre Sänger verabschiedeten überfluteten sie den Elzer Bahnhofsplatz.

Diese Zeiten sind lange vorbei. Die Anzahl der Bahnnutzer nahm seit den 1960er Jahren kontinuierlich ab. Der private PKW hatte die Rolle des individuellen Transportmittels übernommen. Die Fahrgäste die man heute im modernen Schienenbus noch sehen kann, sind überschaubar.  Ein Glücksfall für den Erhalt des Bahnhofs ist die Tatsache, dass die Elzer Familie Horst Schenk das komplette Anwesen erwarb. Der gesamte Gebäudekomplex einschließlich der Güterhalle wurde aufwändig und fachmännisch restauriert und einer neuen gewerblichen Nutzung zugeführt. Selbst der ehemalige Fahrkartenschalter wurde in seiner ehemaligen Funktion belassen.

Anlässlich des 150jährigen Bahnhofsjubiläums stiftete die Familie Horst Schenk dem Elzer Geschichts- und Museumverein eine Glastafel mit Informationen zum Bahnhof Elz.

Postkarte aus dem Jahr 1906

Postkarte aus dem Jahr 1909